Presseartikel
BZ vom 08.06.2012
von Bea Peters
Jack White hat den JACKpot geknackt
Meine Wahrsagerin Gabi Hoffmann hat mir vor einem Jahr schon gesagt, mein ganzes Blatt wird sich drehen, dieses Jahr im Mai!
Ich weiß nicht, ob es in den Sternen stand. Aber sie hatte Recht!
Mit dem neuen Roland-Kaiser-Album "Affären" thront er breits auf Platz 8 der Trend-Charts und auch privat ist der große Gefühls-Dirigent endlich wieder König seines Reichs. Janine White zog aus der Villa aus und das Glück zog wieder ein.
Aktuell feiert er den größten Musik-Erfolg seines Plattenlabels "Gloriella" seit sieben Jahren: "Wir erwarten am kommenden Montag einen fetten Einstieg in die Top 10. Das hatte ich zuletzt in den Jahren 2003 bis 2005 mit Hansi Hinterseer."
Nach unzähligen Melodien für die Ewigkeit ("Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben", "Gloria", "Looking für Freedom") und über eine Milliarde verkaufter Tonträger freut er sich immer noch, vor allem für seinen Freund Roland Kaiser: "Eine kleine Sensation, denn auch sein letztes Top-Ten-Album war vor 30 Jahren".
Bild am Sonntag, 12.07.2009
von DOROTHEE APEL und STEFAN HAUCK
Jack White wird in ein paar Wochen 70
Ein Lebenstraum in White
Seit vier Jahrzehnten komponiert Schlagerkönig Jack White den Menschen gute Laune in die Herzen. In BamS erzählt er das Lied seines Lebens
Natürlich“, sagt der erfolgreichste deutsche Musikproduzent Jack White in seinem rheinischen Singsang-Tonfall, „bin ich jetzt darauf angewiesen, dass Sie mich nach Roberto Blanco fragen.“
Das ist nun ein kleines bisschen kokettiert, denn Jack White mag auf manches angewiesen sein. Ganz sicher aber nicht darauf, extra aufgefordert zu werden, weiter aus seiner 40-jährigen Karriere zu erzählen.
Also nickt man Jack White höflich zu, nun bitte sehr: Roberto Blanco. Was war da mit ihm und Jack White; wie war das mit ihm und Jack White?
Man kann das abkürzen und einfach hinschreiben, dass es mit den beiden, dem Sänger und seinem Produzenten, zunächst sehr schön und erfolgreich lief. 1969 haben sie gemeinsam unter dem Motto „Wir wollen die Welt erobern!“ das deutsche Schlagerfestival gewonnen (und sich später unter juristischem Getöse getrennt. Es ging um den Vorwurf des Vertragsbruchs, am Ende entschied der Bundesgerichtshof zugunsten von Jack White).
Während der erfolgreichste Produzent das jetzt gerade erzählt, nur natürlich ausführlicher und schöner, zieht er ein Foto aus dem großen Stapel, den er eigens für das Gespräch zusammengestellt hat. Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, sie zeigt ein altes Auto, auf dem Berliner Kurfürstendamm. Am Steuer des Oldtimers sitzt der junge Roberto Blanco warum auch immer mit einer Chauffeursmütze auf dem Kopf, neben ihm der junge Jack White. Beide sind sofort zu identifizieren, weil, erstens, ein Foto ohne Roberto Blanco und Jack White in diesem Stadium des Gesprächs ziemlich sinnlos wäre und weil, zweitens, der junge Roberto Blanco dem aktuellen Roberto Blanco auffallend gleicht. Beim jungen Jack White und dem Mann, der uns gegenübersitzt, verhält sich das übrigens genauso.
Erwartet wird folgerichtig eine weitere selbstbewusste Episode der gemeinsamen Erfolgsgeschichte Blanco & White, stattdessen singsangt die Stimme von Jack White unvermittelt in Moll, quasi sotto voce, und auf einmal spricht er auch nicht mehr druckreif. Hält das Bild hoch, sagt: „Dieses eine Foto war mein letztes Geld, was ich hatte.“
Registriert, dass er sich verbal verstolpert hat, beginnt von vorn: „Von meinem besten Freund aus Köln hatte ich mir 20 000 Mark geliehen, damit ich diese kleine PR-Aktion überhaupt durchführen konnte. Später kam der Freund nach Berlin und ich musste ihm sagen: Mein Lieber, ich kann dir deine 20 000 Mark nicht zurückgeben. Und wenn du mir nicht noch mal 20 000 Mark leihst, ist meine gerade begonnene Produzentenkarriere zu Ende . . .“
Wie hat der Freund reagiert?
„Der Heini“, fragt Jack White, er nennt das erste Mal den Namen, „der Heini?“
Ja, Herr White, wie hat Ihr Freund, der Heini, reagiert auf diese Zumutung?
„Der ist . . .“, es geht nicht mehr:
Jack White, hundertfacher Texter der Fröhlichkeit, Bentley-Fahrer, Glücksmensch, weint jetzt. Weil er sich erinnert an etwas, das vierzig Jahre zurückliegt, mehr als ein halbes Menschenleben.
Würgt seine Tränen die Kehle herunter, reibt die Hände am Strickhemd ab. Entschuldigt sich, wofür eigentlich? „Der Heini ist nach Köln zurückgeflogen, hat sein Haus beliehen, um mir noch einmal das fucking Geld zu leihen. Sonst gäb's mich heute nicht.“
Die Stimme ist jetzt weg. Verschluckt wie die Tränen.
Die Stimme kommt wieder, flüstert: „Scheiße, Scheiße, Scheiße.
Warum krieg ich das nicht gebacken, dass ich das erzählen kann, ohne so emotional zu werden?“
Weil er so ist, so emotional. Verletzbar, weil immer noch und immer wieder vertrauensvoll. Ein Handschlag-Mann in der Branche der 180-Seiten-Veträge.
Auch ein Arschloch, sagen manche. Ehemalige Geschäftspartner, ehemalige Schlagersänger, ehemalige Skirennläufer. Der Neid mag dabei eine Rolle spielen, die Missgunst, die deutsche Krankheit. Es gibt natürlich auch ehemalige Geschäftspartner, ehemalige Schlagersänger und ehemalige Skirennläufer, über die Jack White Ähnliches sagt. Ohne vorher lange seinen Anwalt zu konsultieren. Die Enttäuschung spielt dann eine Rolle, das zerstörte Vertrauen, die zertrümmerte Freundschaft.
Der Neid nicht, der zählt nicht zu den vielen Farben auf der Charakterpalette des Jack White.
Der Mann, der Millionen Menschen später mit seinen Liedern das Unbeschwertsein zurückgibt, lernt schon als Kind, erwachsen zu sein.
Sein Vater, ein Kölner Schlachter namens Nußbaum, der den einzigen Sohn Horst nennt, verlässt die Familie im Jahr, in dem Deutschland Fußballweltmeister wird. Horst ist 12 Jahre alt, als „Jack“ erinnert er sich heute so: „Der lief mitten in der Nacht vor seinen Schulden davon. Von meiner Schwester und mir hat er sich verabschiedet, von der Mutti nicht.“ Das Kind bekommt vom Vater drei seltsam präzise formulierte Ratschläge für die Zukunft auf den Weg: „Nie rauchen, Fußballspieler werden und erst später mit den Mädchen was anfangen.“
Horst raucht nicht, Horst wird Fußballer, Horst fängt erst später was mit den Mädchen an. Horst wird außerdem der einzige Mann in der Familie, er zieht mit Mutter und Schwester in eine Gartenlaube, danach in einen ehemaligen Luftschutzbunker, ein 6-Quadratmeter-Loch. Dort bleiben sie fünfzehn Monate und gewöhnen sich daran, tagelang nichts zu essen.
Als Horst Fußballer ist und noch immer nicht raucht, trifft er den Vater wieder. Horst fährt mit Viktoria Köln nach Schalke, macht sich auf einem Nebenplatz warm, es steht der Vater dort, man tauscht Adressen aus.
Horst begegnet dem Vater erst Jahre später erneut, als ihm ein Musikmanager schon den Namen Jack gegeben hat. Er raucht noch nicht (das tut er bis heute nicht), weiß aber sehr genau, wie das mit den Mädchen geht. Und die erste Million, das ist in dem Zusammenhang leider besonders wichtig, hat Horst, der jetzt Jack heißt, auch.
Das muss dem Vater jemand erzählt haben. „Da kam er nach Berlin, und da saß er auf der Couch – und warum hat er mich besucht?“
Warum, Herr White...?
Nicht, um mit mir über seine Scheiße zu reden und zu sagen, dass ihm das alles leid tut. Sondern um sich von mir Geld zu leihen.“
Wie handelt Herr White daraufhin, der so viel Geld mit Liedern von Friedfertigkeit, Versöhnung, Liebe und Verständnis verdient hat?
„Ich hab ihn rausgeschmissen. Hier ist die Tür, geh bitte raus. Und ruf mich nie wieder an.“
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, im Gegensatz zu fast allen Liedern von Jack White kennt diese Geschichte des Horst Nußbaum kein Happy End.
Jack White , verlassener Sohn, bekommt Jahre später einen Anruf, es geht um Herrn Nußbaum, den Vater. Der liegt in der Klinik, liegt im Sterben, das Ende naht. Ob der einzige Sohn, den Vater nicht besuchen oder wenigstens kurz anrufen möchte? Letzte Worte vielleicht, ein bisschen Trost, ein bisschen Frieden?
Nein, sagt Jack White zum Telefonhörer. Ich kann das nicht. Ich will das nicht. Ich mach das nicht.
Der Vater stirbt drei Wochen später. Der Sohn sieht uns an, die Journalisten, sitzt in seinem hellen Ledersessel, zupft an seinem hellen Strickhemd und sagt: „Wissen Sie was? Und ich habe dabei nicht den Hauch einer Rührung gespürt.“
Ob er mal das Grab besucht hat, wenigstens weiß, wo der Vater beigesetzt ist?
„Keine Ahnung. Ist mir auch wurscht. Er hat einfach Scheiße gebaut, und so geht's nicht.“
Du kommst mit so einer Storyline wahrscheinlich nicht in die „ZDF-Hitparade“, aber du kannst dir am Ende des Tages sagen: Okay, das bringt mir bei den Ahnungslosen keine Sympathiepunkte ein, aber die Ahnungslosen sind mir genau so wurscht. Wichtig sind die mit der Ahnung. Und wichtig bin ich.
Es gibt im Übrigen in der Generation Horst Nußbaum/Jack White viele mit ganz ähnlicher Erfahrung. Die meisten von ihnen sind im Leben ziemlich erfolgreich geworden. Jack White, der zu seiner 90-jährigen Mutter bis heute ein sehr inniges Verhältnis hat, meint, dass da überhaupt kein Zusammenhang bestünde, aber vielleicht irrt er sich da ein kleines bisschen.
Sein eigenes Leben geht zwar nicht vollkommen irrtumslos weiter, aber zumindest steil nach oben und gibt fetten Stoff für Schlagertexte, von denen ganz viele noch nicht einmal aufgeschrieben sind: Nußbaum/White wird Kaufmann im Außenhandel, lernt Englisch, Holländisch, Italienisch, macht logischerweise das Dolmetscherdiplom, verkauft Versicherungen, leitet ein Autohaus, wird Discjockey in Berlin. Will Sänger werden, was er auch wird, aber Erfolg hat er mit seinen Liedern vor allem bei sich selbst.
Original-Ton Jack White, Juli '09: „Ich habe fünfzehn Singles gemacht, im Prinzip alles Flops. Das Lied, das ganz gut gelaufen ist, war ‚Und morgen schreib' ich Maria‘, dazu noch ‚Mit all deiner Liebe‘. Wenn ich die heute auflege, denke ich: Oh, das hast du damals gar nicht so schlecht gemacht . . .“
Eine wirklich gute Freundin gibt ihm den Rat, doch besser andere für sich singen zu lassen. Horst, längst Jack (den Namen schöpft für ihn übrigens derselbe Produzent, der für einen Gerd Höllerich aus Augsburg die Trademark „Roy Black“ erfindet), gehorcht und wird Produzent.
Sein erster Klient floppt zwar in die Vergessenheit der Schallplattenarchive, danach aber rumst es, es boomt, es klingelt, macht cash und macht Spaß. „On the money“, sagt Jack White dazu, das ist Produzentensprech, und heißt, frei übersetzt: Auf der Spur des Geldes.
Für ihn wird es die Überholspur zum Lebenstraum in White. Der oben schon erwähnte Roberto Blanco, Tony Marshall und die „Schöne Maid“ („Ich hab dat Ding in 25 Minuten geschrieben, weil es schnell gehen musste. Dat lief einfach so weg, und ich hab's dann nicht mehr geändert“), Jürgen Marcus („Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“), Nina & Mike, Andrea Jürgens und jede Menge anderes aus dem deutschen Leben der Generation Hitparade.
Zwischendurch, das Land wird eng, die USA: „Wir müssen natürlich über Amerika reden!“
Müssen wir, tun wir selbstverständlich. Jack White, „der deutsche Klatschmusikproduzent“, fliegt Anfang der 80er-Jahre rüber, „schmeißt sich ins eiskalte Wasser“ und hat 18 Monate später „meinen ersten Top-30-Hit“, ein weiteres Jahr danach meinen ersten Nummer-1-Hit. Das ist natürlich eine Wahnsinnsgeschichte.“
Ist sie, selbst wenn der Name der Interpretin Laura Branigan heute nur noch für höhere Geldspielrunden bei Günther Jauch taugt. White macht sie mit „Gloria“ und „Self Control“ zum Star, produziert in Folge Engelbert („ein geiler Künstler, ich hab mit keinem mehr Spaß gehabt“), Audrey Landers, Barry Manilow, Paul Anka („den hab ich dann richtig gefeuert, der ist verrückt“) und David Hasselhoff, mit dem er über vier Millionen Platten verkauft.
„Tausend Geschichten“, sagt Jack White, „tausend fucking Geschichten könnte ich erzählen.“ Unterhaltsam sind alle, druckreif nicht jede, aber vor allem: „Es ist kein Drehbuch, das ich mir ausgedacht habe, es ist die reine Wahrheit.“
Zur reinen Wahrheit gehören auch ein paar teuer gescheiterte musikalische Irrlichter. Gehört eine teuer geschiedene zweite Ehe, ein desaströses Engagement bei einem Berliner Fußballverein („diese Erfahrung hat mich 10 Millionen Mark gekostet.“) Weiter zählt dazu die Börsenpleite mit einer eigenen Firma und den daraus resultierenden Freundschaftsverlust zum Kitzbühel-Kumpel Hansi Hinterseer .
Vergessen ist davon nicht alles, verdrängt schon gar nichts, Jack White zählt nicht zu denen, die verdrängen möchten. Er verarbeitet lieber. Zum Beispiel mit seiner neuen Firma, die Gloriella heißt und ein Mädchen im Programm hat, das Michelle „dreimal an die Wand singt, aber mindestens“.
Man muss sich eben Ziele setzen. Die lauten nicht mehr „wir wollen die Welt erobern“, aber „It's only the beginning“ – so viel soll's dann doch noch sein, aber mindestens.
„Es ist erst der Anfang“ – Jack White, im September wird er 70, wünscht sich das als Titel für seine Biographie und als Programm für sein weiteres Leben. Im Leben wird er das möglicherweise hinbekommen, in der Titelfrage definitiv nicht.
Seine sehr selbstbewusste Ehefrau Janine (41), gelernte Journalistin und mit dem Verfassen der Erinnerungen betreut, bevorzugt nämlich eine allgemein verständlichere Alternative.
Jack White, der Fighter mit dem ärztlich attestierten Alter von 42 Lebensjahren, hat übrigens vorgestern noch in der BamS-Redaktion angerufen. Er wolle ganz bestimmt keinen Einfluss nehmen, aber er habe sich ein paar intensive Gedanken gemacht, was die Zeile über der geplanten Jack-White-Story angehe. Seine unverbindlichen Vorschläge: „Vierzig Jahre Musikgeschichte.“ Oder: „Meine Lieder auf 800 Millionen Tonträgern“. Alternativ: „Vom Betteljungen zum Weltstar.“
Alles, alles richtig.
Wir hätten es kaum besser formulieren können. Aber wir haben es wenigstens versucht.
BZ vom 20.03.2008
von Inga Grömminger
Macht Jack White Roland wieder zum Kaiser?
Zwei Männer, die bescheiden aufgewachsen sind, aus einer kleinen Welt kommen, und es in die große schafften, haben jetzt 'nen "Big Deal" abgeschlossen.
Jack White (67), geborener Horst Nußbaum, ehemaliger DJ in Berliner Clubs und Fußballprofi (PSV Eindhofen). Roland Kaiser (55), Kindheit in Berlin-Wedding, Lehre zum Lebensmittelkaufmann, Postangestellter. Der eine ist nun erfolgreicher Musikproduzent (Leandros, Blanco, Hasselhoff, Laura Branigan), Komponist und Liederschreiber, der andere neben Udo Jürgens (73) Deutschlands erfolgreichster Schlagersänger. Diese beiden Herren arbeiten nun zusammen.
"Auf Lebenszeit", so White. Anfang dieser Woche hat Roland Kaiser seinen lebenslänglichen Vertrag im Berliner Büro von Whites Firma "Gloriella" unterschrieben. Sehr ungewöhnlich, denn in der Regel machen Stars keine "Zusagen für immer" bei Produzenten. Hier schon. White zur BZ: "Das ist ein Beweis für das gegenseitige Vertrauen. Das ist voll da. Für mich ist Roland einer der ganz Großen, ein fester, charakterstarker Mann, und ich freue mich sehr über die Zusammenarbeit."
"Gegenseitiges Vertrauen ist voll da"
Vor fünf Jahren erst näherten sich die beiden Musikgeschäft-Kenner an, nahmen die ersten Songs zusammen auf. Nun soll der Roland wieder zum Schlager-Kaiser werden. 30 Open-Air-Konzerte 2008, erwartet werden wie früher um die 15.000 Fans. White: "Wir wollen so richtig durchstarten." Neue Musik, neue Texte, neue Songs! Im Herbst erscheint das erste gemeinsame Album - Jack komponiert, Roland textet. White ist sicher: "Jeder Roland-Song ist gut für einen Mega-Hit!"